Weltweit ist die Agrarwirtschaft ein enorm wichtiger Wirtschaftszweig, außerdem eine der relevantesten Wachstums- und Zukunftsbranchen. Wie sieht es mit dem Nachwuchs in Schleswig-Holstein aus? Herrscht in den Grünen Berufen, zu denen unter anderem die Ausbildungsberufe Landwirt, Forstwirt, Fischwirt, Pferdewirt und weitere zählen, Fachkräftemangel? HanseWirtschaft hat Alina Bock zum Thema befragt: Sie ist „Botschafterin der Grünen Berufe“ bei der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein.
HanseWirtschaft: Frau Bock, die Landwirtschaft ist eine wichtige Säule der Wirtschaft und spielt eine wichtige Rolle in Sachen Ernährungssicherheit: Herrscht bei den Grünen Berufen Nachwuchsmangel und gibt es hier Besonderheiten bei den Berufen?
Alina Bock: Die Ausbildungszahlen in den Agrarberufen Schleswig-Holstein sind in den vergangenen Jahren trotz der Auswirkungen der Coronapandemie stabil geblieben. Dies ist im Vergleich zu vielen anderen Branchen eine sehr erfreuliche Entwicklung. Der Beruf Gärtner/-in mit seiner Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau konnte in den vergangenen Jahren von der verstärkten privaten Nachfrage im Bereich der gärtnerischen Dienstleistungen profitieren. Auch auf Bundesebene bewegen sich die Ausbildungszahlen im Agrarbereich auf stabilem Niveau, wenngleich die Neuverträge 2022/23 gegenüber dem außerordentlich erfolgreichen Vorjahr 2021/22 um 6,5 Prozent gesunken sind.
HanseWirtschaft: Wie wichtig ist es für Betriebe, hinsichtlich Mitarbeitergewinnung neue Wege zu gehen? Können/Müssen Grüne Berufe attraktiver gestaltet werden? Gibt es eventuell Beispiele?
Alina Bock: Neue Ideen sind für den Nachwuchs immer interessant, so werden junge Leute über die Sozialen Medien gesucht und andere Netzwerke. Aber auch das Ausbilderdasein will gelernt sein. Es geht um Führung und Betriebsmanagement im Umgang mit den jungen Menschen, die oftmals auch auf dem Betrieb wohnen. Arbeitgeber und Azubi müssen sich aufeinander einstellen – es gibt Rechte und Pflichten. Wie in jeder Branche gibt es Betriebe, die von guter Mund-zu-Mund-Propaganda leben und immer Azubis finden. Andere müssen ihr Angebot möglicherweise optimieren. Da setzt auch die Landwirtschaftskammer an. Sie schult Ausbildungsbetriebe und kontrolliert auch die Eignung. Rund 1.600 Ausbildungsbetriebe gibt es im Land. Richtig ist, dass Fachkräfte auch in der Landwirt- und Forstwirtschaft, Fischerei und Gartenbau ein wichtiger Faktor für den Erfolg und Fortbestand von Betrieben sind. Das Berufsbild hat für jede Qualifikation Möglichkeiten zu bieten. Wer nur teils oder gar keinen Bürojob möchte, ist bei den Grünen Berufen richtig.
HanseWirtschaft: Warum entscheiden sich Azubis für einen Grünen Beruf? Wie wichtig ist dabei eventuell der Klima- und Umweltschutz?
Alina Bock: Die Ausbildung in einem Agrarberuf bietet vielfältige und verantwortungsvolle Tätigkeiten. Die Jugendlichen von heute möchten mit Leidenschaft einer sinnstiftenden Tätigkeit nachgehen. Eine abwechslungsreiche Aufgabe zu übernehmen, liegt bei den Jugendlichen von heute voll im Trend. Gleichzeitig tragen die grünen Berufsfelder Verantwortung für Mensch, Tier und Umwelt. Arbeiten an und mit der Natur ist ein wichtiger Aspekt im Hinblick auf das Umweltbewusstsein der sogenannten Generation Z, die auch ein verstärktes Gesundheitsbewusstsein prägt. Das Interesse und die Freude an der Natur, der Umgang mit Tieren oder auch die Landtechnik ist für diese Zielgruppe ein besonderer Grund, einen Grünen Beruf zu ergreifen. Hinzu kommt: In den Grünen Berufen sieht man täglich das Ergebnis seiner Arbeit.
HanseWirtschaft: Wie unterstützt die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein Betriebe bei der Suche nach Azubis?
Alina Bock: Die Landwirtschaftskammer hat seit langem erkannt, wie wichtig die Werbung für Nachwuchskräfte in den Grünen Berufen ist und dafür eine Stelle geschaffen: die der „Botschafterin“ für die Grünen Berufe, also meine. Somit bin ich jährlich auf zahlreichen Berufsmessen in ganz Schleswig-Holstein vertreten, um mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen. Dazu zählen auch Besuche in Schulen. Mit dabei sind auf den Messen häufig ortansässige Ausbilder/-innen oder Azubis der zwölf Grünen Berufe. Denn sie wissen, wovon sie sprechen und können besonders gut für den Beruf und auch den eigenen Ausbildungsbetrieb werben. Es gibt kostenlos Info-Broschüren und Flyer, Ausbildungsbetriebe können sich zudem mit einer Betriebsbeschreibung auf unserer Ausbildungsplattform darstellen und dort um potenzielle Azubis werben.
HanseWirtschaft: Frau Bock, herzlichen Dank für das Gespräch!